Die Anforderungen an eine rollstuhlgerechte Wohnung sind klar definiert, doch rollstuhlgerechte / barrierefreie Wohnungen sind in Deutschland heutzutage leider immer noch Mangelware. Die Umsetzung rollstuhlgerechter / barrierefreier Wohnmöglichkeiten finden sich zum Großteil in speziell dafür geschaffenen Einrichtungen wie Alters- und Pflegeheimen, Rehazentren, Krankenhäusern, Wohngruppen oder Sonderschulen mit Internatsunterbringung. Zudem sind die Kosten einer solchen Wohnperspektive für sozial schwächer gestellte Menschen kaum zu stemmen, was die unabhängige und freie Entfaltung und Entscheidung körperlich behinderten Menschen enorm einschränkt.
Wichtig ist aber auch zu beleuchten, dass es Fördermöglichkeiten und Staatszuschüsse gibt, die eine solche Bauunternehmung unterstützen.
In diesem Artikel erfahren Sie, worauf beim (Um-)Bau rollstuhlgerechter und barrierefreier Wohnungen geachtet werden muss, wie Sie die Förderung für den (Um-)Bau beantragen können und wer für die Fördermöglichkeit in Frage kommt.
Die Entscheidung wie und wo man wohnen möchte, ist für Menschen mit Behinderung ein wichtiger Bestandteil der Selbstbestimmung, da man dem Narrativ der „Spezialunterbringung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ nicht mehr entsprechen möchte. Dies ist in den meisten Fällen nämlich nicht von Nöten.
Allgemeine Informationen zur Bauvorschrift: Die DIN – 18040 und DIN EN – 17210
Die DIN – 18040 ist eine deutschlandweite Norm, welche Vorgibt wie eine barrierefreie / rollstuhlgerechte Wohnung gestaltet sein muss. Für nationale Vorgaben gibt es seit 2021 die DIN EN – 17210. Da diese noch in den Anfängen steckt, werden die ersten Entwürfe erst zu Ende 2023 Anfang 2024 erwartet.
In diesem Artikel wird sich vorrangig auf die deutschlandweiten Bauempfehlungen für Wohnungen (DIN – 18040-2) bezogen. Wir leiten Sie Schritt für Schritt durch die Räumlichkeiten mit entsprechendem Verweis auf die DIN – Normen und weiterführenden Links zur Vertiefung der Informationen.
Das Gebäude allgemein
Rampen
Wenn man barrierefrei bauen möchte, ist es wichtig auch zu beachten, dass der Zugang zum Gebäude ohne Stufen möglich ist, oder alternativ eine Rampe mit minimaler Steigung, aber entsprechender Länge angebaut wird, um einen Zugang zu ermöglichen. Dabei darf die Rampe nach DIN – 18040-2 einen maximalen Niveauunterschied von 6% aufweisen.
Handläufe
Ein durchgehender Handlauf soll das Steigen von Treppen erleichtern. Dies ist für Menschen mit Behinderung, welche im Gehen eingeschränkt sind, doch nicht dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen sind, eine gute Unterstützung. Beim Anbringen sollte nach Bauempfehlung der Handlauf nicht höher als 0,9 m betragen
Aufzüge
Das Erreichen von Stockwerken ist am einfachsten mit einem Aufzug zu bewerkstelligen, denn rollstuhlgerechte Wohnungen befinden sich nicht zwangsläufig im Erdgeschoss. Dabei ist zu beachten, dass der Aufzug bereits vom Eingangsbereich zu erreichen ist. Diese Erwähnung scheint auf den ersten Blick überflüssig. Doch es gibt genügend Wohnungsinserate in denen ein Aufzug angegeben ist, doch dieser erst ab einer Überwindung von 3 oder mehr Stufen zu bedienen ist, oder sogar nur bis zu einer bestimmten Etage fährt. Meist wird in Wohnhochhäusern ein Personenaufzug installiert, der dem Aufzugstyp 2 entspricht. Dieser hat eine Belastungsgrenze von max. 630 kg, womit auch Menschen mit Elektrorollstuhl fahren können.
Wohnung
Es ist gesetzlich festgelegt, dass Menschen die auf rollstuhlgerechten Wohnraum angewiesen sind, ein Anrecht auf ca. 45-50 qm² Wohnfläche oder einen Wohnraum (1. Person) haben. Ab
- 2 Personen ca. 60 qm oder 2 Wohnräume
- 3 Personen ca. 75 qm oder 3 Wohnräume
- 4 Personen ca. 85 – 90 qm oder 4 Wohnräume
Dabei sind Küche und Sanitärräume mit einberechnet.
Türen und Fenster
Auch die Handhabung von Türen und Fenstern muss mitgedacht werden. Türen müssen eine Mindestbreite von 90 cm betragen um einen sicheren Durchgang gewähren zu können. Der Griff von Fenstern und Türen muss sich auf einer Höhe von 85 cm aufweisen. Alternativ kann für Fenster auch ein elektronisches System eingesetzt werden.
Badezimmer
In barrierefreien Badezimmern müssen sich an der Toilette, dem Waschtisch und der Dusche Haltegriffe befinden. Die Haltegriffe in der Dusche werden so installiert, dass diese durchgehend an der Wand entlanglaufen. Die Toilette kann individuell auf die Höhe angepasst werden, die benötigt wird. Die Dusche muss bodenangeglichen erreichbar sein. Der Waschtisch muss unterfahrbar sein, daher sind rollstuhlgerechte Waschtische meist tiefer gebaut.
Für die unterschiedlichen Bedürfnisse einer behinderten Person gibt es Hilfsmittel für Sanitärräume, die bei der Krankenkasse beantragt werden können:
- Mobile Hilfen
- Lifttoilette
- Dusch-WC, Bidet
- Höhenverstellbare WCs und Waschtische
- Hubbadewanne
- Liegebadewanne
Küche
In der Küche sollten die Spüle und der Herd unterfahrbar sein. Wichtig dabei ist, dass die Höhe immer an die Sitzhöhe des Nutzers angepasst wird. Möglich ist auch Schränke und Küchenzeilen einzubauen die elektrisch höhenverstellbar sind, doch diese Variante ist zudem sehr kostspielig. Spülmaschine und Ofen befinden sich ebenfalls in Sitzhöhe.
Für einen solchen (Um-)Bau gibt es dementsprechende Planungshilfen, die Sie in den Quellen recherchieren können.
Umbau einer nicht behindertengerechten Wohnung
Im Laufe des Lebens ist jeder einmal auf barrierefreien Wohnraum angewiesen, sei es durch eine Behinderung von Geburt an, einen Unfall oder aufgrund eingeschränkter Mobilität im Alter. Es ist daher Möglich seine Wohnung an die gegebenen Umstände anpassen zu lassen, selbst in Mietwohnungen. Vermieter bekommen dementsprechende staatliche Zuschüsse, wenn sie sich für den Umbau bereit erklären.
Kosten
Die Kosten eines solchen Projekts fallen, je nach Bedürfnis natürlich unterschiedlich aus. Je nach Maßnahme können sich die Kosten weit über 40.000€ erstrecken, pauschal sind die Kosten aber nicht erkenntlich. Doch es gibt Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten.
Förderungs- und Finanzierungsmöglichkeiten
Die Förderungsmöglichkeiten sind vom jeweiligen Bundesland, in dem die Person mit Förderanspruch lebt abhängig. Allgemein lässt sich sagen, dass verschiedene Stellen durchlaufen werden um eine solche Förderung zu beantragen. In der Wohnberatung wird geklärt welche Umbauten nötig sind. Danach wird mit verschiedenen Förderstellen über die Kosten und Möglichkeiten Rücksprache gehalten. Förderstellen können die Krankenkasse, Pflegekasse, das Sozialamt, die Unfallversicherung sein oder die kommunalen Sondermittel werden in Betracht gezogen.
Die Umsetzung
Die Umsetzung des barrierefreien Bauens, in der Öffentlichkeit, sowie im Wohnkontext, lässt trotz der Möglichkeiten sehr zu Wünschen übrig. Es gibt nur seltene Fälle in denen Betroffene in den Bauprozess mit einbezogen werden, was zur Folge hat, dass „barrierefreie“ Baumaßnahmen zwar umgesetzt werden, diese aber doch ungünstig für behinderte und auf Hilfsmittel angewiesene Menschen sind. Dabei würde die Beteiligung von jenen die auf barrierefreie Strukturen angewiesen sind, einiges an Zeit und Kosten für die Bauunternehmen einsparen. Das liegt vor allem daran, dass schon in der Planungsphase auf Missstände aufmerksam gemacht werden könnte, da sich die Unternehmen lediglich auf die Bau Norm beziehen, die ihnen vorgegeben wird.
Barrieren in der Öffentlichkeit
Es fängt schon bei den kleinsten Dingen an: Rampen die eine Steigung von fast 50% haben und dabei genauso lang sind wie die Treppe selbst, wurden so konstruiert, dass sie nicht mit dem Bürgersteig kollidieren. Rollstuhlfahrer:innen können diese Schwelle nicht allein bewältigen, egal in welcher Art von Rollstuhl die Person sitzt. Im öffentlichen Nah- und Fernverkehr sind die meisten Steige zwar erhöht, aber bieten keinen nahtlosen Übergang in Straßenbahnen, Züge oder Busse. Die meisten Busse haben eine ausklappbare Rampe, die nur eine gewisse Länge besitzt. Je nach höhe der Haltestelle ergibt sich eine Steigung die in den seltensten Fällen selbstständig überwunden werden kann. Bei Straßenbahnen und Zügen gibt es zwischen Steig und Bahn eine Lücke, was das Einsteigen erschwert . Es kann aber auch passieren dass der erhöhte Steig nicht hoch genug gebaut wurde und es keine gerade Einstiegsmöglichkeit gibt, sondern ein Absatz überwunden werden muss um hinein zu können. Wenn Aufzüge an verschiedenen Gebäuden oder Bahnhöfen außer Betrieb sind, dauert es meist Tage oder sogar Wochen bis dies behoben wird.
Barrieren im Wohnkontext
Meist werden Wohnungsinserate als „barrierefrei“ gekennzeichnet, da ein Aufzug vorhanden ist, oder sich die Wohnung im Erdgeschoss befindet. Doch sind vor dem Wohnkomplex nur eine oder zwei Stufen, fällt diese Wohnung für die Meisten schon weg. Auch in der Wohnung kann es aufgrund der Bad Größe scheitern oder auch an der Tatsache, dass die Dusche nicht an den Boden angeglichen ist, oder nur eine Badewanne zur Verfügung steht. Auch wenn die Flure zu schmal geschnitten sind, kann dies ein Grund für eine eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit sein, was die Selbstständigkeit einschränkt. Je nach Bedürfnis wäre eine normale Küche nicht Optimal, da diese meistens zu hoch und nicht unterfahrbar ist. auch die Fenster sind in den seltensten Fällen so konzipiert, dass sie im sitzen problemlos geöffnet werden können.
Diese Beispiele, welche nur ein Teil dieser komplexen Thematik sind, haben eine konkrete Bedeutung: Dass Menschen mit Behinderung keine uneingeschränkte Teilhabe am (öffentlichen) Leben haben können,
Mit diesem Artikel hoffen wir Ihnen einen angemessenen Überblick über rollstuhlgerechtes und barrierefreies (Um-)Bauen geben zu können. Bei weiterer Informationsauskunft können Sie sich über die angegebenen Links informieren, oder Sie wenden sich an die oben genannten Stellen.
Weitere Quellen: